Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit

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Bonn/Berlin, 17. Dezember 2020

Pressemitteilung 30/2020

BfDI kritisiert versäumte Umsetzung von EU Richtlinie

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Professor Ulrich Kelber, kritisiert, dass die europäische Richtlinie über den Kodex für die elektronische Kommunikation bis jetzt nicht umgesetzt wurde. Die Richtlinie tritt heute in Kraft und hätte von den EU-Mitgliedstaaten eigentlich bis zum 21. Dezember 2020 in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Damit wird die unklare Rechtslage im Telekommunikationsbereich weiter verfestigt. Zudem könnte ein Vertragsverletzungsverfahren durch die EU-Kommission drohen.

Dazu sagte Professor Kelber: Ich halte die drohende, flächendeckende Auswertung von Kommunikationsinhalten durch Schlüsselwörter für sehr bedenklich. Zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses hätte ich mir konkretere Vorgaben gewünscht. Insbesondere eine begrenzte Speicherdauer, Beschwerdemöglichkeiten von zu Unrecht verdächtigten Personen, die Beteiligung von Polizei- und Sicherheitsbehörden und die zwingende Einbindung von Datenschutzbehörden vor dem Einsatz neuer Technologien halte ich für unabdingbar.
Mit dem Kodex wird die Regulierung für klassische Telekommunikationsdienste und Online-Kommunikationsdienste einheitlich gefasst. Für beide Arten von Diensten sollen nun auf europäischer Ebene die gleichen Vorgaben gelten.

Ein Verordnungsentwurf zur Bekämpfung des Online-Kindesmissbrauchs sieht jetzt weitreichende Ausnahmen von diesem Grundsatz vor. Geplant ist die flächendeckende und anlasslose Überwachung der Online-Kommunikation. Dieser Verordnungsentwurf ist notwendig, da die EU-Mitgliedstaaten sich bei den Verhandlungen zur ePrivacy-Verordnung immer noch nicht einigen konnten, Messenger-Dienste aber wegen des Kodex jetzt der ePrivacy-Richtlinie unterfallen. Die Verordnung soll deshalb nun im Schnellverfahren verabschiedet werden und übergangsweise bis zu fünf Jahre gelten. Nach Auffassung des BfDI hat der europäische Gesetzgeber dabei wichtige Grund- und Datenschutzstandards nur unzureichend berücksichtigt: 

Eine flächendeckende und anlasslose Überwachung von digitalen Kommunikationskanälen ist weder zielführend noch erforderlich, um Online-Kindesmissbrauch aufzuspüren. Die Bekämpfung von sexualisierter Gewalt an Kindern muss mit zielgerichteten und konkreteren Maßnahmen angegangen werden. Die Ermittlungsarbeit ist Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden und darf nicht auf private Betreiber von Messenger-Diensten ausgelagert werden.