Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit

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Bonn/Berlin, 10.02.2016

Pressemitteilung 06/2016

Kontenabrufersuchen beim Bundeszentralamt für Steuern weiter stark gestiegen

Die Kontenabrufersuchen deutscher Behörden beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) sind 2015 abermals deutlich angestiegen. Waren es in 2014 insgesamt noch 237.126 Kontenabrufersuchen, so stieg deren Zahl 2015 um rund 27% auf 300.944.

Dazu stellt die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Andrea Voßhoff fest: Das Kontenabrufverfahren ist ein hervorragendes Beispiel für das sogenannte Honigtopfprinzip. Einmal erteilte hoheitliche Zugriffsbefugnisse auf personenbezogene Daten werden auf einen immer weiteren Kreis von Zugriffsberechtigten ausgedehnt. Gleichzeitig entfernt sich oftmals auch die Verwendung der abgefragten Daten immer weiter von dem eigentlichen Zweck, für den der Zugriff originär eingerichtet wurde. Im konkreten Fall ist der Kontenabruf nunmehr weit ab von der ursprünglichen Idee der Terrorismusbekämpfung bei der Erleichterung des zivilrechtlichen Inkassos angekommen.
Das Kontenabrufverfahren wurde 2002 für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Strafverfolgungsbehörden eingeführt, um die Finanzströme des Terrorismus aufdecken zu helfen. Hierfür wurde eine zentrale Abrufmöglichkeit für die Daten aller Konteninhaber in Deutschland eingerichtet. Ab 2005 wurden die Befugnisse zum Abruf erstmals auch auf das Bundeszentralamt für Steuern ausgeweitet, das zum Beispiel für Finanzämter oder Sozialbehörden Kontenabrufe durchführen durfte. Seit 2013 sind auch rund 4.700 Gerichtsvollzieher angeschlossen.

Andrea Voßhoff: Mit der aufgrund der erweiterten Zugriffsbefugnisse gestiegenen Zahl der Abrufersuchen steigt gleichzeitig auch das Risiko für fehlerhafte Datenübermittlungen oder Personenverwechslungen. Für die hiervon Betroffenen kann das im Einzelfall äußerst unangenehme Folgen wie beispielsweise Kontensperrungen nach sich ziehen. Ich appelliere daher an den Gesetzgeber sorgfältig zu prüfen, ob weit gestreute Abrufbefugnisse wie beim Kontenabrufverfahren wirklich zwingend erforderlich sind. Zudem müssen bei den berechtigten Stellen Mechanismen installiert werden, um Fehler bei der Abfrage möglichst bereits von vornehinein auszuschließen.

Kontenabrufverfahren beziehen sich auf sogenannte Kontenstammdaten wie Name und Geburtsdatum des Bankkunden sowie auf Anzahl und Nummern der bei der Bank geführten Konten. Konkrete Kontostände und Kontobewegungen werden im Rahmen des Kontenabrufs nicht bekannt. Der Betroffene ist grundsätzlich auf die Möglichkeit des Kontenabrufs vorab hinzuweisen und über dessen Durchführung zu benachrichtigen.