Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit

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Bonn/Berlin, 4. Mai 2010

Pressemitteilung 17/2010

2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit:
- Transparenz ist noch längst nicht selbstverständlich -

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, hat heute den zweiten Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit für die Jahre 2008/2009 vorgelegt.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, hat heute den zweiten Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit für die Jahre 2008/2009 vorgelegt.

Hierzu erklärt der Bundesbeauftragte:

Bei der Übergabe meines ersten Tätigkeitsberichts vor zwei Jahren war ich voller Zuversicht, dass Transparenz und Informationsfreiheit im Behördenalltag bald zur selbstverständlichen Normalität werden. Nach zwei Jahren zeigt sich jedoch, dass sich der Informationsfreiheitsgedanke noch nicht überall durchgesetzt hat. Es bedarf offenbar noch erheblicher Anstrengung, ehe wir eine transparente Bundesverwaltung haben!
Schaar verweist in diesem Zusammenhang auf den unzureichenden Bekanntheitsgrad des Informationsfreiheitsgesetzes. Er sieht die Behörden in der Pflicht, die Bürgerinnen und Bürger auf ihr Recht auf Zugang zu Behördeninformationen hinzuweisen.

Schaar kritisiert: Bisweilen drängt sich einem der Eindruck auf, manche Behörden legen es geradezu darauf an, durch eine restriktive Handhabung des Gesetzes, überlange Verfahrensdauer und erhebliche Gebühren diejenigen Bürgerinnen und Bürger zu entmutigen, die ihren Informationszugangsanspruch geltend machen. Die Verwaltung sollte das Interesse an ihrer Arbeit und die Nachfragen der Bürgerinnen und Bürger nicht als Belästigung oder Angriff werten, sondern als die Chance begreifen, das Vertrauen in ihre Tätigkeit zu festigen und ihr Handeln transparent zu machen.

Schaar hält nach vier Jahren eine Evaluierung des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) für dringend geboten, um den freien Informationszugang unter Einbeziehung der bisherigen Erfahrungen zu optimieren. Sowohl Änderungen in der behördlichen Praxis als auch eine Begrenzung der gesetzlichen Ausnahmetatbestände seien erforderlich.

Unbefriedigend sei auch das Nebeneinander verschiedener Normen für die Informationsansprüche. So finden sich Informationszugangsregelungen im IFG, im Umweltinformationsgesetz und im Verbraucherinformationsgesetz.

Schaar sagte: Unterschiedliche Anwendungsbereiche, Anspruchsvoraussetzungen, Ausnahmetatbestände und Gebühren verwirren nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern erschweren auch die Arbeit der Verwaltungen. Eine Zusammenfassung und Vereinheitlichung der verschiedenen Normen könnte hier Abhilfe schaffen.

Kein Verständnis hat Schaar für die aktuelle Forderung der Bankenverbände, die BaFin und die Bundesbank aus dem Anwendungsbereich des IFG auszunehmen.
Schaar: Erst im vergangenen Jahr ist der Bundesrat mit demselben Ansinnen im Bundestag gescheitert, und aus gutem Grund. Gerade nach den Erfahrungen der Finanzkrise bedarf es im Bereich der Bankenaufsicht nicht weniger, sondern mehr Transparenz.

Der heute vorgelegte Tätigkeitsbericht zieht für die Jahre 2008 und 2009 Bilanz:

In dem Berichtszeitraum bemühten sich viele Bundesbehörden um Transparenz und wendeten das Informationsfreiheitsgesetz geradezu vorbildlich an. Allerdings sind in einigen Behörden die Widerstände größer geworden, etwa in der Finanzverwaltung. Auch die Zusammenarbeit der Behörden mit dem BfDI gestaltete sich nicht in allen Fällen kooperativ.

In insgesamt 248 Fällen wandten sich Bürgerinnen und Bürger schriftlich an den BfDI. Damit blieben die Anfragen und Eingaben zahlenmäßig auf einem relativ konstanten Niveau. Thematisch war allerdings eine deutliche Verschiebung von allgemeinen Anfragen hin zu konkreten Beschwerden zu verzeichnen. In etwa einem Drittel der in den vergangenen beiden Jahren abschließend bearbeiteten Eingaben hat der BfDI die Geheimhaltung der begehrten Informationen als gesetzeskonform beurteilt. In knapp 40% der Fälle konnte er erreichen, dass die Behörden ihren ursprünglich ablehnenden Standpunkt revidierten und doch noch ganz oder zumindest teilweise Einblick in die gewünschten Unterlagen gewährten. In vielen der übrigen Fälle differierten die Rechtsauffassungen zwischen den Behörden und dem BfDI stark und die Diskussionen dauerten bei Redaktionsschluss noch an. In vier Fällen hat der BfDI eine förmliche Beanstandung ausgesprochen.

Im Berichtszeitraum zeigten sich erneut einige grundsätzliche Probleme bei der Anwendung des IFG, insbesondere im Zusammenhang mit den Ablehnungsgründen, die hier beispielhaft genannt werden:

-Ministerien verweigern den Zugang zu Unterlagen zu Gesetzgebungsverfahren mit dem Hinweis, es handele sich um „Regierungstätigkeit“. Diese Entwicklung ist vom Gesetzwortlaut nicht gedeckt. Sie ist auch im Hinblick auf wachsende Klagen über Lobbyarbeit und Einflussnahme von außen äußerst problematisch.

-Nach wie vor ziehen sich Behörden allzu leicht auf das vermeintliche Vorliegen von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen gemäß § 6 Satz 2 IFG zurück. Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr mit erfreulicher Deutlichkeit klargestellt, dass nur solche unternehmensbezogenen Angaben geschützt sind, deren Offenlegung die Wettbewerbsposition des betroffenen Unternehmens nachteilig beeinflussen kann.

-Ein weiteres großes Streitthema ist der Zugang zu Unterlagen von Vergabeverfahren. Angesichts der Korruptionsanfälligkeit dieses Bereiches bedarf es hier einer möglichst großen Offenheit. Transparenz im Vergabeverfahren ermöglicht es den Bürgerinnen und Bürgern, staatliches Handeln besser nachzuvollziehen. Gerade an den Nahtstellen zwischen Verwaltung und Wirtschaft besteht ein großes öffentliches Interesse an Aufklärung und Information.

-Probleme bereitet auch der Ausnahmetatbestand des § 3 Nr. 6 IFG zum Schutz fiskali-scher Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr. Mit sehr allgemein gehaltenen Über-legungen werden häufig Informationsanträge abgelehnt, wenn Auskunft zum Geschäftsgebaren staatlicher Stellen verlangt wird. Dies geschieht selbst dann, wenn es um längst abgeschlossene Geschäfte geht. Eine Geheimhaltung ist jedoch nur dann berechtigt, wenn die Behörde konkret darlegen kann, dass das Bekanntwerden der Information geeignet wäre, ihre fiskalischen Interessen im Wirtschaftsverkehr zu beeinträchtigen.

Den 2. Tätigkeitsbericht finden Sie hier: