Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit

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Bonn, den 16. Juni 2006

Pressemitteilung 24/2006

Europäische Datenschutzbeauftragte fordern verbesserten Datenschutz bei der Übermittlung von Passagierdaten an US-Behörden

Hauptthema bei der Sitzung der Datenschutzbeauftragten der EU-Mitgliedstaaten (Art. 29 Gruppe) unter Vorsitz von Peter Schaar am 13. und 14. Juni in Brüssel war das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 30. Mai zur Übermittlung von Passagierdaten in die USA. Der Gerichtshof hatte entschieden, dass das im Mai 2004 geschlossene Abkommen mit den USA durch die EU gekündigt werden muss. Ab dem 1. Oktober wäre die Übermittlung der Passagierdaten damit ohne Rechtsgrundlage, wenn bis dahin kein Folgeabkommen geschlossen wird.

Peter Schaar: „Für den Datenschutz der Flugpassagiere wäre es fatal, wenn es zu keiner Vereinbarung auf europäischer Ebene kommt. Bilaterale Abkommen einzelner europäischer Staaten mit den USA oder ein gänzlicher Verzicht auf eine Vereinbarung hätten nicht nur eine uneinheitliche Praxis in den Mitgliedstaaten zur Folge. Es ist zudem fraglich, ob und wie ohne ein Abkommen die von den USA zugesagten Datenschutzgarantien von europäischer Seite überwacht und durchgesetzt werden könnten.“

In der jetzt durch die Art. 29 Gruppe verabschiedeten Stellungnahme drängen die Datenschützer auf die baldige Verabschiedung einer Folgevereinbarung auf einer anderen europarechtlichen Grundlage, bei der das Datenschutzniveau des jetzigen Abkommens auf jeden Fall erhalten bleiben muss. Ein neues Abkommen soll zudem die kritischen Stellungnahmen der Art. 29 Gruppe berücksichtigen, die in der Vergangenheit gefasst wurden, etwa die Reduzierung der 34 Datenelemente je Fluggast und eine strikte Zweckbindung der Daten.

Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass die Art der Übermittlung der Passagierdaten endlich vom so genannten pull-Verfahren auf das push-Verfahren umgestellt werden muss. Beim bislang praktizierten pull-System greifen die US-Behörden auf die Buchungssysteme der Fluggesellschaften zu. Die Datenschutzgruppe fordert, dass die Umstellung unverzüglich erfolgt, da die entsprechenden Voraussetzungen durch die Fluglinien dafür gegeben sind.

Die Art. 29 Gruppe erwartet, dass sowohl die nationalen Datenschutzbehörden als auch der Europäische Datenschutzbeauftragte bei den anstehenden Verhandlungen mit den USA konsultiert werden, um so den Schutz der Rechte der Passagiere auch bei einem zukünftigen Abkommen zu gewährleisten.

Peter Schaar äußerte sich zufrieden über die von der Art. 29 Gruppe angenommene Stellungnahme, da jetzt die Forderungen der Datenschützer klar formuliert sind und bei den Verhandlungen mit einbezogen werden sollen. Er verweist dabei auf das Abkommen über die Übermittlung von Passagierdaten mit Kanada, das als vorbildlich angesehen wird und das deshalb auch bei den Vereinbarungen mit den USA als Modell dienen kann. Im Falle Kanadas werden nur 25 Datenelemente übermittelt und die Speicherfirst beträgt lediglich 3,5 Jahre. Peter Schaar unterstrich in diesem Zusammenhang auch, dass nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs eine Entscheidung zu einer Vereinbarung des Datenschutzes in der 3. Säule der EU (Polizei und Justiz) dringender denn je ist.

Die Art. 29 Gruppe hat sich auf ihrer Sitzung in Brüssel auch kritisch zu einem Gesetzentwurf der USA hinsichtlich der Speicherung und Übermittlung von Passagierdaten an das US-Gesundheitsministerium geäußert. Das noch in Beratung befindliche Gesetz zur Bekämpfung von Pandemien soll die Fluggesellschaften verpflichten, von allen Reisenden zusätzliche Daten, wie etwa eine Notfallkontaktadresse in den USA zu erheben, für 60 Tage zu speichern und im Bedarfsfall an die US-Behörden zu übermitteln. Die Datenschützer kommen in ihrer Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass dieser Gesetzentwurf nicht nur gegen geltendes EU-Datenschutzrecht verstößt, sondern auch gegen Bestimmungen der Weltgesundheitsbehörde.