Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit

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Bonn, den 14. Dezember 2005

Pressemitteilung 40/2005

Datenschutz in Europa durch Einführung einer Vorratsspeicherung für Telefon- und Internetdaten geschwächt

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar bedauert, dass mit der heute vom Europäischen Parlament beschlossenen Richtlinie die Anbieter von Telekommunikations- und Internetdiensten verpflichtet werden, umfangreiche Verkehrsdaten auf Vorrat für die Sicherheitsbehörden zu speichern, ohne dass ein konkreter Verdacht oder Hinweise auf eine bevorstehende Gefahr vorliegen. Die vorangegangenen Verhandlungen haben zwar zu einem Kompromiss geführt, bei dem einige der ursprünglichen Vorgaben teilweise entschärft werden konnten. Die grundsätzlichen Bedenken gegen die Vorratsdatenspeicherung bleiben wegen der erheblichen Eingriffe in die Privatsphäre und die Vertraulichkeit der Kommunikation unverdächtiger Bürgerinnen und Bürger gleichwohl bestehen.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz tritt mit Nachdruck dafür ein, dass bei der nun anstehenden Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht berücksichtigt wird, dass die freie und unbeobachtete Telekommunikation ein wesentliches Element unserer demokratischen Wissens- und Informationsgesellschaft darstellt: „Die von der Richtlinie vorgegebenen Spielräume müssen im Sinne eines effektiven Grundrechtsschutzes ausgeschöpft werden, damit die Eingriffe für die Bürgerinnen und Bürger so gering wie möglich bleiben.“

  • Die Speicherungsdauer muss auf 6 Monate beschränkt werden. Dies entspricht der derzeit in Deutschland zulässigen Höchstspeicherungsfrist für Abrechnungsdaten.

  • Die zu speichernden Daten werden größtenteils vom Fernmeldegeheimnis geschützt. Die Herausgabe dieser Daten darf nur im Fall von „schweren Straftaten“ möglich sein. Diese müssen spezifiziert und auf die Bereiche Terrorismus und Organisierte Kriminalität beschränkt werden. Es darf nicht sein, dass auf diese Daten auch für die Verfolgung von Bagatelldelikten zurückgegriffen wird. Die Voraussetzungen für den Zugriff sind abschließend in der Strafprozessordnung festzulegen.

  • Erfolglose Anrufversuche müssen weiterhin von der Speicherungsverpflichtung ausgenommen bleiben.

  • Eine Speicherung von Inhalten der Kommunikation ist ausdrücklich nicht vorgesehen. Dies muss auch für E-Mail-Dienste und SMS-Dienste sichergestellt werden.

  • Die gespeicherten Daten müssen einer strikten Zweckbindung unterliegen. Es darf nicht sein, dass die Daten z.B. für Geschäftszwecke der Provider und sonstiger Dritter oder für andere staatliche Zwecke verwendet werden.

  • Die Überprüfung der Richtlinie muss aussagekräftige Ergebnisse erbringen, damit die Frage beantwortet werden kann, ob und in welchem Maße die Vorratsdatenspeicherung tatsächlich zur erfolgreichen Verfolgung von Straftaten beigetragen hat.