Datenschutz bei Sport- und Großveranstaltungen
Egal ob Konzerte, Volksfeste oder Fußballspiele: Großereignisse mit hohem Menschenaufkommen stellen Veranstalter wie auch die Polizeien des Bundes und der Länder vor entsprechende Herausforderungen. Um einen reibungslosen Ablauf und die Sicherheit der Teilnehmenden zu gewährleisten, arbeiten die zuständigen Akteure bei der Vorbereitung und Durchführung solcher Events eng zusammen. Hierbei kommt es auch zu vielfältigen Datenverarbeitungen, über die wir Ihnen im Folgenden einen Überblick geben wollen.

Datenverarbeitungen vor Beginn einer Veranstaltung
Bereits beim Ticketkauf fallen diverse personenbezogene Daten an: So werden etwa Name, Geburtsdatum, Anschrift sowie Zahlungsinformationen erhoben und zur Kaufabwicklung verwendet. Rechtsgrundlage hierfür ist regelmäßig Art. 6 Abs. 1 lit. b) Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Häufig wird in diesem Zusammenhang aber auch eine Einwilligung in Verarbeitung zu Werbezwecken eingeholt, z.B. die Anmeldung für einen Newsletter. Diese ist dann an Art. 6 Abs. 1 lit. a) DSGVO zu messen. Die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit für diese Verarbeitungen liegt grundsätzlich beim Veranstalter bzw. beim Ticketportal, zuständige Aufsichtsbehörden sind die jeweiligen Landesbeauftragten für Datenschutz.
Rückt das Veranstaltungsdatum näher, bereiten sich auch die Polizeien auf ihren Einsatz vor und entwickeln gemeinsam mit Veranstaltern und Verbänden auf die jeweiligen Events zugeschnittene Sicherheitskonzepte. Insbesondere Veranstaltungen mit bundesländerübergreifender Bedeutung erfordern hier entsprechenden Koordinations- und Kooperationsaufwand. Ein klassisches Beispiel hierfür sind die Spiele der Fußball-Bundesliga, anlässlich derer sich an den meisten Wochenenden im Jahr tausende Fans auf den Weg machen, um ihren Verein im Heim- oder Auswärtsstadion zu unterstützen. Um für die verschiedenen Akteure eine gemeinsame Planungsgrundlage zu schaffen, ist Datenaustausch unerlässlich.
Eine besondere Rolle kommt hierbei der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) zu, die beim Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste Nordrhein-Westfalen (LZPD NRW) angesiedelt ist. Die ZIS übernimmt die Sammlung, Bewertung, Aufbereitung und Steuerung anlassbezogener Informationen bei Sportveranstaltungen, insbesondere bei Fußballspielen (u.a. Ticketverkaufszahlen, Anzahl und Einstufung der Heim- und Gastfans, Anreisewege). Hierzu tauscht sie sich mit den Landesinformationsstellen, der Informationsstelle Sporteinsätze des Bundespolizeipräsidiums und Szenekundigen Beamten (SKB) der Polizeien im Bundesgebiet aus. Als SKB werden Polizisten bezeichnet, die sich innerhalb der jeweiligen Fanszenen gut auskennen und vorwiegend präventiv tätig werden sollen, um möglichen gewaltsamen Ausschreitungen im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen vorzubeugen. Hierzu werden in den meisten Bundesländern auch Informationen in gesonderten SKB-Datenbanken vorgehalten.
Auch bei der Anreise größerer Fangruppen mit dem Zug werden diese häufig von SKB begleitet, um mögliche Gefahren frühzeitig zu erkennen und ggf. Informationen an die Bundespolizei weiterzugeben, die für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit im Bahnverkehr nach § 3 BPolG zuständig ist. Kommt es bereits hier zu Ausschreitungen, etwa zum gewaltsamen Aufeinandertreffen womöglich verfeindeter Fangruppierungen, kann die Bundespolizei entsprechende gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen ergreifen. Diese reichen z.B. von Datenerhebungen im Rahmen von Identitätsfeststellungen oder erkennungsdienstlichen Maßnahmen über die Durchsuchung von Personen und Sachen bis hin zu Platzverweisen oder Ingewahrsamnahmen.
Bei Veranstaltungen mit internationalem Bezug, bei der auch mit der Anreise von Fans und Zuschauenden aus dem Ausland zu rechnen ist, wird die Bundespolizei auch in ihrer Kontrollfunktion des grenzüberschreitenden Verkehrs gemäß § 2 BPolG tätig. Neben der Überprüfung der Identität von Reisenden sowie mitgeführter Reisedokumente darf die Bundespolizei hierbei auch nationale wie internationale Datenbanken abgleichen, um zu überprüfen, ob eine Person nicht als Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines der Mitgliedstaaten angesehen wird (vgl. Art. 8 Abs. 2 Schengener Grenzkodex).
Datenverarbeitung während einer Veranstaltung
Am Veranstaltungsort selbst, z.B. im und um ein Stadion herum, obliegt grundsätzlich der jeweils zuständigen Landespolizei, ggf. in Zusammenarbeit mit dem Veranstalter, die Wahrung der öffentlichen Sicherheit. Auch hier steht den Beamtinnen und Beamten die gesamte Palette der o.g. gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen zur Verfügung, die regelmäßig auch mit Datenverarbeitungen einhergehen.
Zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bzw. zur Wahrung des Hausrechts setzen Polizeien bzw. Veranstalter Systeme zur Videoüberwachung ein. Hierbei werden neben stationären Kameraanlagen mittlerweile vielfach auch mit Kameras ausgestattete Drohnen eingesetzt. Auch körpernah getragene Bild- und Tonaufzeichnungsgeräte, sogenannte Bodycams, können zum Einsatz kommen und dienen in erster Linie dem Eigenschutz von Polizeibeamten oder zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten. Die Nutzung von Videoüberwachungstechnik richtet sich nach den jeweils einschlägigen Rechtsgrundlagen für die handelnden Akteure im Bundes- oder Landesrecht. Allgemein lässt sich aber sagen, dass der Einsatz derartiger Geräte verhältnismäßig sein muss und durch geeignete Maßnahmen, z.B. Hinweisschilder, erkennbar sein muss. Die auf diesem Wege erhobenen Daten unterliegen einer strengen Zweckbindung und begrenzten Speicherfristen.
Häufig werden im Rahmen von Veranstaltungen Foto- oder Videoaufnahmen angefertigt, etwa durch Pressevertreter, Veranstalter oder die Teilnehmenden selbst. Aufnahmen, auf denen Menschen abgebildet sind, unterfallen als personenbezogene Daten regelmäßig dem Datenschutzrecht. Sofern die Aufnahmen nicht bloß privaten Zwecken dienen, sind bei einer späteren Verwendung, etwa zur Berichterstattung oder zu Werbezwecken, das Kunsturhebergesetz (KUG) und das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu berücksichtigen.
Nach § 23 KUG bedarf die Verbreitung von Aufnahmen insbesondere dann keiner Einwilligung der fotografierten Personen, wenn es sich um sog. Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, wenn Personen auf den Bildern nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen, oder bei Bildern von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben. Sind auf den Aufzeichnungen einzelne Personen individualisiert abgebildet, wird die Anfertigung und Veröffentlichung hingegen regelmäßig nur mit deren Einwilligung rechtmäßig sein.
Datenverarbeitung nach einer Veranstaltung
Wenn eine Veranstaltung beendet ist und sich die Teilnehmenden auf den Heimweg machen, ist die Arbeit für Behörden und Veranstalter noch nicht abgeschlossen. So müssen Polizeien etwa den Einsatz in ihren jeweiligen Verarbeitungssystemen dokumentieren und nachbereiten. Ist es im Verlauf eines Events zu Straftaten (z. B. Körperverletzung, Sachbeschädigung, Landfriedensbruch) oder Ordnungswidrigkeiten (z.B. Abbrennen von Pyrotechnik) gekommen, werden die erhobenen personenbezogenen Daten im Nachgang an die zuständigen Staatsanwaltschaften oder Ordnungsbehörden zur entsprechenden straf- oder ordnungsrechtlichen Ahndung übermittelt.
Auch die ZIS spielt eine Rolle bei der Nachbereitung von Einsätzen bei Sportveranstaltungen, insbesondere Fußballspielen. Neben einer gesamtheitlichen Verlaufsdokumentation der Einsätze obliegt der ZIS auch die Datenpflege und Qualitätskontrolle der Datei „Gewalttäter Sport“. Hierbei handelt es sich um eine Verbunddatei gemäß § 29 Abs. 1 bis 5 Bundeskriminalamtgesetz, in der sportspezifische Erkenntnisse zu Personen von den Polizeien der Länder sowie der Bundespolizei eingespeichert werden können.
In der Datei werden u.a. Daten zu Personen gespeichert, gegen die im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen wegen bestimmter Straftaten ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, oder die deswegen rechtskräftig verurteilt worden sind. Eine Übersicht der einschlägigen Delikte sowie weiterer möglicher Speichervoraussetzungen finden Sie auf der Website des LZPD NRW.
Zugriff auf die Datei „Gewalttäter Sport“ besteht ausschließlich für die am polizeilichen Informationsverbund (INPOL) teilnehmenden Behörden. Eine Übermittlung der in der Datei gespeicherten Informationen an Stellen außerhalb der Polizei, z.B. an Fußballverbände oder -vereine, ist hingegen nicht vorgesehen.
Rechte von Betroffenen
Als von einer Datenverarbeitung betroffenen Person stehen Ihnen zum einen die klassischen datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte der Auskunft sowie ggf. einer Berichtigung, Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung ihrer Daten zu. Die rechtlichen Grundlagen ergeben sich aus der DSGVO, dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), dem jeweiligen Landesdatenschutzgesetz oder sogar aus den einschlägigen Fachgesetzen (vgl. § 35 BPolG). Der Adressat eines entsprechenden Antrags ist grundsätzlich der für die Datenverarbeitung Verantwortliche, regelmäßig also die Behörde, die die Verarbeitung durchgeführt hat.
Sollten Ihnen Betroffenenrechte verwehrt werden oder sind Sie sonst der Auffassung, dass Sie durch eine unrechtmäßige Datenverarbeitung in Ihren Rechten verletzt worden sind, steht Ihnen die Möglichkeit einer Beschwerde bei der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde zur Verfügung.
Während sich die BfDI für die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt zuständig zeigt, sind bei Datenverarbeitungen durch Landespolizeien oder private Veranstalter die jeweiligen Landesbeauftragten für Datenschutz die richtigen Ansprechpartner.
Beschwerde bei der BfDI
Über die Kontakt- und Eingabeformulare können Beschwerden und Anfragen an die BfDI richten.
Zusatzinformationen
Arbeitshilfen zu Teil 3 des BDSG
- § 53 BDSG Muster Verpflichtung Datengeheimnis
- § 67 BDSG Muster mit Hinweisen DSFA
- §67 BDSG Anlage Methode einer Risikobewertung
- § 70 BDSG Muster und Hinweise Verfahrensverzeichnis
- Hinweise zu den datenschutzrechtlichen Anforderungen an die Protokollierung nach § 76 Bundesdatenschutzgesetz
- Zur Detailansicht der Publikation Arbeitshilfe – Grundsätzliche Unterschiede der Informationspflicht zwischen DSGVO und 3. Teil BDSG(Publikation kann heruntergeladen oder in den Warenkorb gelegt werden)