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Zur Arbeitsweise des BfDI: Was ist eine Anhörung und was passiert danach?

Grundsätzlich versucht der BfDI datenschutzrechtliche Herausforderungen bei zu beaufsichtigenden Stellen zunächst durch Beratung im Vorfeld zu lösen, zum Beispiel im Rahmen einer Konsultation nach Art. 36 DSGVO. In einigen Fällen kann es allerdings zu einem förmlichen Aufsichtsverfahren kommen.

Text Anhörung auf einem Briefkuvert
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Bevor in einem solchen Verfahren über eine Aufsichtsmaßnahme entschieden wird, wird die beaufsichtigte Stelle zunächst angehört. Dazu wird sie mit einem förmlichen Anhörungsschreiben aufgefordert, zu einem bestimmten Sachverhalt Stellung zu nehmen. Das Gesetz regelt hierzu keine starre Frist. Stattdessen können die Fristen für die Anhörung durch die Fachreferate des BfDI bestimmt werden. In der Praxis setzt der BfDI hier regelmäßig eine Frist von einem Monat.

Bei datenschutzpolitisch bedeutsamen Fällen passiert es oft, dass sich die beaufsichtigte Stelle in diesem Stadium bereits von einer Anwaltskanzlei vertreten lässt. Diese meldet sich häufig zum Ende der gesetzten Frist und bittet zunächst um Akteneinsicht sowie um entsprechende Fristverlängerung für die Möglichkeit der Stellungnahme. Beide Anträge werden in der Regel gewährt.

Wenn die Stellungnahme der beaufsichtigten Stelle dem BfDI dann vorliegt, wird diese geprüft. Je nach Inhalt der Stellungnahme können unter Umständen weitere Tatsachenermittlungen oder Rechtsprüfungen notwendig werden. Zudem kann sich der Sachverhalt im Laufe des Verfahrens ändern. Am Ende der gesamten Prüfung aller verfügbarer Informationen entscheidet der BfDI, ob eine verwaltungsrechtliche Aufsichtsmaßnahme notwendig ist.

Diese Aufsichtsmaßnahme wird der beaufsichtigten Stelle schriftlich bekannt gegeben und setzt mit Zugang bei der beaufsichtigten Stelle eine sogenannte Anfechtungsfrist in Gang. Danach muss die beaufsichtigte Stelle innerhalb eines Monats (§ 74 VwGO) nach Zugang der Aufsichtsmaßnahme eine Klage gegen den Bescheid beim Verwaltungsgericht einreichen, andernfalls wird die Maßnahme bestandskräftig und kann nicht mehr angegriffen werden.

Die Anfechtungsklage hat sogenannte aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO). Das heißt, dass die Wirkung einer Aufsichtsmaßnahme erst einmal aufgeschoben wird, bis die Gerichte abschließend darüber entschieden haben. Da ein Fall möglicherweise durch mehrere Instanzen läuft, kann es also lange dauern, bis eine Aufsichtsmaßnahme umgesetzt werden muss.

Um solche Verzögerungen zu vermeiden kann der BfDI im nichtöffentlichen Bereich (also insbesondere bei Unternehmen) in Ausnahmefällen nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zusätzlich die sofortige Vollziehung anordnen. Durch diese wird die aufschiebende Wirkung einer Klage verhindert, sodass die Anordnung sofort wirksam ist und bis zu ihrer Aufhebung auch wirksam bleibt. Sie ist daher von der beaufsichtigten Stelle auch dann schon umzusetzen, wenn man sich parallel noch vor Gericht über die Rechtmäßigkeit des Bescheides streitet. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung setzt aber eine besondere Situation voraus, bei der es nicht zumutbar sein darf eine Gerichtsentscheidung abzuwarten, zum Beispiel weil ansonsten bereits schwerwiegende und irreversible Schäden für betroffene Person entstehen würden und die Untersagung daher besonders eilbedürftig ist. Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann die beaufsichtigte Stelle dann Eilrechtsschutz vor den Gerichten suchen. Das Gericht kann dann in einem Eilverfahren nach Abwägung die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage erforderlichenfalls wiederherstellen. Entscheidend dafür ist in der Regel, wem ein Abwarten des Hauptverfahrens aus Sicht des Gerichts eher zuzumuten ist und wie die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage summarisch eingeschätzt werden.

Gegenüber Behörden hat der deutsche Gesetzgeber dem BfDI in § 20 Abs. 7 BDSG die Befugnis zur Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO jedoch ausdrücklich entzogen, sodass dieses Mittel nach rein deutscher Gesetzeslage gegenüber Behörden nicht zur Verfügung steht. Hierdurch hat sich der Staat selbst das Privileg eingeräumt, Anordnungen des BfDI auch in eilbedürftigen Fällen mit irreversiblen Schäden für die betroffenen Personen durch bloße Klage über Jahre erst einmal nicht umsetzen zu müssen. Dies wird vom BfDI äußerst kritisch gesehen. Es ist fraglich, ob dieser Ausschluss mit dem Europarecht vereinbar ist.