Internetrecherchen durch die deutschen In- und Auslandsnachrichtendienste
Nachrichtendienste können sich über Internetrecherchen schnell und kostengünstig Informationen beschaffen. Die umfassend Beobachtung einer Vielzahl an potenziell betroffenen Personen wirft aber vielfältige datenschutzrechtliche Fragen auf.

Das Bundesamt für den Verfassungsschutz (BfV) und der Militärische Abschirmdienst (BAMAD) als deutsche Inlandsnachrichtendienste sowie deren Pendant, der Bundesnachrichtendienst (BND) als Auslandsnachrichtendienst bedienen sich, ebenso wie viele andere Nachrichten- und Geheimdienste der Welt, der Informationsgewinnung im Internet. Ziel ist es hierbei immer, Gefahren frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls abwehren zu können.
Gemäß § 1 Abs. 2 Bundesnachrichtendienstgesetz (BNDG) ist es Aufgabe des Auslandsnachrichtendienstes, Erkenntnisse und Informationen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für Deutschland sind, zu sammeln und auszuwerten. Im Internet frei verfügbare Informationen sind dabei eine der wichtigsten Informationsquellen geworden. Beispielsweise könnten in einem sozialen Netzwerk zahlreiche Beiträge über Truppenbewegungen in einem Krisengebiet darauf hindeuten, dass eine Eskalation unmittelbar bevorsteht oder ein Konflikt sich beruhigt. Der Rückgriff auf die Internetrecherche versetzt den BND damit in die Lage, eine solche Situation frühzeitig zu erkennen und die Bundesregierung hierüber zu informieren.
Die Inlandsnachrichtendienste bedienen sich dieses Instrumentes ebenso. Auswertung öffentlich verfügbarer Informationen aus Internetmedien spielt bei der Beobachtung extremistischer Gruppen, der Spionageabwehr und bei Bedrohungen aus dem Cyberraum eine Rolle. Das BfV analysiert z.B. Foren im Netz, beobachtet den Austausch politisch extremer Gruppierungen oder verfolgt, wie sich Verschwörungstheorien über soziale Netzwerke verbreiten.
Der Vorteil für die Nachrichtendienste liegt dabei in der schnellen und kostengünstigen Beschaffung von Informationen. Aber auch wegen der weit verbreiteten Nutzung von Internetangeboten ist die Internetrecherche damit ein modernes und wichtiges Werkzeug der Nachrichtendienste und ergänzt deren Werkzeugkasten, um Entwicklungen frühzeitig zu erkennen, bevor sie zu einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland werden.
Gelegentlich wird die Recherche frei zugänglicher Inhalte im Internet gleichgesetzt mit OSINT. Der Begriff OSINT steht für Open Source Intelligence, also das Sammeln und Auswerten von öffentlichen Informationen. Das umfasst auch klassische Publikationen wie Presseartikel, wissenschaftliche Studien oder allgemein Druckerzeugnisse, sowie Rundfunksendungen oder öffentliche Veranstaltungen. Heutzutage dominiert aber unstrittig das Informationsangebot aus dem Internet.
Gerade wegen dieser umfassenden Beobachtung offener Quellen und der Vielzahl an potenziell betroffenen Personen stellen sich bei der systematischen Internetrecherche durch die Nachrichtendienste aus Sicht des Datenschutzes vielfältige Fragen. Insbesondere in den Fällen, in denen dabei Daten massenhaft gewonnen, Daten automatisiert analysiert und mit anderen Informationen der Nachrichtendienste zusammengetragen werden, kann sich ein Nachrichtendienst nicht mehr auf die sogenannte Generalklausel, also die allgemeine Befugnisnorm (z.B. § 2 BNDG und § 8 Bundesverfassungsschutzgesetz), stützen. Aus diesem Grund fordert die BfDI eine Rechtsgrundlage, die die Erhebung und Weiterverarbeitung von öffentlich zugänglichen Daten unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung regelt. Dazu finden sich im Kapitel 7.4.2 des Tätigkeitsberichts für 2024 weitergehende Informationen.
Für Sicherheitsüberprüfungen, an denen die Nachrichtendienste mitwirken, existiert bereits eine ausdrückliche und spezifische Rechtsgrundlage für Internetrecherchen zu den überprüften Personen.