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Selbstauskünfte

Häufig versuchen Krankenkassen, z. B. in Fällen der Arbeitsunfähigkeit oder der Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen, über Selbstauskunftsbögen und Erhebungen bei den behandelnden Ärzten, gestützt auf allgemeine Schweigepflichtentbindungserklärungen, an detaillierte Informationen zum Gesundheitszustand oder zur allgemeinen Befindlichkeit der Versicherten zu gelangen.

aus einem Laptopbildschirm ragt eine Hand mit einem Stethoskop, darum sind Gesundheitssymbole abgebildet
Quelle: ©ipopba - stock.adobe.com

Die Versicherten sollen etwa Auskünfte und Selbsteinschätzungen zur physischen und psychischen Verfassung (Arbeitsfähigkeit, Suchtprobleme, etc.) und zum allgemeinen Lebensumfeld (Wohnverhältnisse, Eheprobleme, finanzielle Situation) geben.

Dieses Vorgehen entspricht in vielen Fällen nicht den sozialdatenschutzrechtlichen Vorgaben. In § 275 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ist eindeutig die Zuständigkeit des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MD) in Abgrenzung zu den Krankenkassen geregelt. Der Gesetzgeber hat dem MD die Begutachtung und Prüfung medizinischer Sachverhalte im Auftrag der Krankenkassen übertragen. Dazu darf er – soweit im Einzelfall erforderlich – medizinische Daten erheben, die über die Befugnis der Krankenkassen hinausgehen. Aus dieser Aufgabenübertragung lässt sich schließen, dass die Kassen die detaillierten medizinischen Informationen gerade nicht erhalten sollen. Sie dürfen lediglich um die elektronische Übermittlung der Behandlungsdaten unmittelbar an den MD ersuchen (sogenanntes "Mitteilungs-Management"). Demgemäß hat der MD nach § 277 Abs. 1 S. 1 SGB V der Krankenkasse auch nur das Ergebnis der Begutachtung und die erforderlichen Angaben zum Befund mitzuteilen. Informationen, aufgrund derer der MD zu seinem gutachterlichen Ergebnis gelangt ist, dürfen nicht an die Krankenkasse weitergegeben werden.

Darüber hinaus ist zweifelhaft, ob die mittels Selbstauskunftsbögen gewonnenen Erkenntnisse überhaupt geeignet sind, eine seriöse Leistungsentscheidung der Krankenkasse zu stützen, solange die Angaben lediglich auf pauschalen Fragestellungen in standardisierten Erhebungsbögen beruhen. Selbsteinschätzungen der Betroffenen mangelt es an einer belastbaren medizinischen Grundlage, so dass diese Angaben selbst für eine Begutachtung durch den MD kaum verwertbar sein dürften.

Eine Durchbrechung des Grundsatzes der abgegrenzten Datenerhebungsbefugnisse von Krankenkasse und MD stellt die gesetzliche Befugnis (§ 44 Abs. 4 SGB V) der Krankenkassen dar, ein sogenanntes Krankengeldfallmanagement durchzuführen. Um den Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung, welche Leistungen und unterstützende Angebote zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erforderlich sind, zu erfüllen, dürfen die gesetzlichen Krankenkassen die hierzu erforderlichen personenbezogenen Daten verarbeiten. Voraussetzung hierfür ist aber eine schriftliche oder elektronische Einwilligung und eine vorherige schriftliche oder elektronische Information des Versicherten. Die Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden. Die Teilnahme am von Krankenkassen angebotenen Krankengeldfallmanagement ist also freiwillig, die Nichtteilnahme darf zu keinen leistungsrechtlichen Einschränkungen führen.