Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit

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Bonn/Berlin, 27. Mai 2015

Pressemitteilung 15/2015

Voßhoff: Zweifel an einer verfassungsgemäßen Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung mit dem heute vorgelegten Gesetzentwurf nicht ausgeräumt!

Andrea Voßhoff: Die Neuregelung kann meine bereits geäußerten Bedenken an die Vorgaben für eine verfassungsgemäße Vorratsdatenspeicherung nicht ausräumen. Insbesondere entspricht sie nicht vollumfänglich dem was das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof in ihren Urteilen für die verfassungskonforme Ausgestaltung einer solchen Maßnahme gefordert haben.

Beide Gerichte haben zweifelsfrei dargelegt, dass es sich bei der Vorratsdatenspeicherung um einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff von besonderem Ausmaß handelt. Der Europäische Gerichtshof hatte zudem in seiner Entscheidung die Notwendigkeit einer Beschränkung des von der Vorratsdatenspeicherung betroffenen Personenkreises gefordert. Dieser müsste auf diejenigen eingegrenzt werden, die Anlass zu der Annahme geben, dass sie beispielsweise in eine schwere Straftat verwickelt sein könnten. Diese Vorgabe wird in dem vorgelegten Gesetzesentwurf, der nach wie vor eine anlasslose Gesamterfassung der Telekommunikation vorsieht, nicht berücksichtigt.

Weiter kritisiert die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit die zahlreichen im Gesetz selbst genannten Möglichkeiten zur Umgehung der Erfassung von Kommunikationsvorgängen: Den Straftätern wird bereits im Vorfeld aufgezeigt, dass ihre Telefongespräche in Call-Shops, die Internetnutzung in Internet-Cafés und die gesamte E-Mail-Kommunikation nicht in die Vorratsdatenspeicherung einfließt. Daher muss man sich ernsthaft die Frage stellen, ob die auf Vorrat gespeicherten Daten überhaupt noch geeignet sind, um das Ziel einer besseren Verfolgung schwerer Straftaten zu erreichen.

Neben diesen grundsätzlichen Erwägungen finden sich auch in den einzelnen Regelungen des Gesetzes verschiedene Kritikpunkte, unter anderem zu der Problematik der Berufsgeheimnisträger, der Benachrichtigungspflicht und der Möglichkeit zur Bildung von Bewegungsprofilen, zu denen die BfDI im parlamentarischen Verfahren ausführlich Stellung beziehen wird.

Die unnötige Eile mit der das Gesetzgebungsverfahren von der Bundesregierung betrieben wurde, ist inakzeptabel. Für ein solches Gesetzgebungsverfahren, das massive grundrechtliche Eingriffe zur Folge hat und fundamentale datenschutzrechtliche Fragestellungen aufwirft, hätte es einer intensiven und gründlichen Prüfung bedurft. Stattdessen wurde der Entwurf schon sieben Arbeitstagen nach seiner Versendung an den Ressortkreis im Kabinett beschlossen. Der BfDI wurden in diesem Rahmen faktisch nicht einmal 30 Stunden zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.